Dienstag, 5. Juli 2016

Kaum zurück und schon wieder fort?

Ort: Kolobrzeg, Poland
Tja, wie ihr sicher im Indonesien-Blogeintrag mitbekommen habt, trennten sich vorerst auf der Insel Lombok unsere Wege. Sicherlich fragt ihr euch, was der Quatsch auf einmal soll oder wie rücksichtslos ich meine Freundin, fern der Heimat, alleine lassen kann. Vor dem Beginn unserer Reise sprachen wir bereits darüber, dass doch jeder für sich einen Teil der Reise allein erleben könnte - damals eine Idee, heute die Umsetzung!

Am 25. Juni war es dann soweit, ich flog zuerst von Lombok nach Kuala Lumpur. Dann direkt im Anschluss nach Bangkok, wo ich lediglich eine Nacht verbrachte. Ich traf direkt bei der Ankunft auf dem Flughafen in Bangkok eine Deutsche aus Magdeburg (Anke), welche zufällig die selben Heimflüge wie ich gebucht hatte. Wir entschieden uns darauf hin, nicht allein zu fliegen, sondern gemeinsam unsere Flugzeiten zu verbringen.
Die Nacht in Bangkok verlebte ich auf eigene Faust. Erst brachte ich mein Gepäck in ein für die Stadt sehr gutes Hostel (Goodone Hostel Café & Bar) und danach besuchte ich den 700m entfernten Nightmarket Patpong. Von den speziellen Angeboten des Nightmarkets distanzierte ich mich verständlicher Weise und schlenderte ein wenig herum, schaute ein EM-Spiel in einer Bar und gönnte mir am Ende für umgerechnet 3,82€ eine 30-Minütige Thai-Massage inkl. Einrenkmethoden, welche ich im Nachhinein für äußerst bedenklich halte.

Am Sonntag, den 26. ging es dann, mit einem Zwischenstop in Köln, letztendlich nach Berlin! Die lange Flug- und Reisezeit verbrachten Anke und ich damit die Erlebnisse der vergangen Monate auszutauschen. Anke war insgesamt 9 Monate in Australien unterwegs, fuhr über 25.000 km mit dem Auto und umrundete somit fast den gesamten Kontinent.

Es ist schon ein sehr komisches Gefühl, nach so einer langen Zeit deutschen Boden zu betreten und wieder in der Heimat zu sein. Da ich dies nicht ausgehalten habe (liebe Familie: ich mach nur Spaß), schnappte ich mir mein neues Fahrrad mit allem nötigen Equipment und machte mich am 1. Juli auf die Reise ins zuerst Bekannte und später Unbekannte.

Etappe 1/6: Dissen - Frankfurt/Oder - Schwedt/Oder -Novogard - Kolberg

Tag 1/35 - von Dissen nach Frankfurt/Oder (109,3 km)

Da Marie und ich im vergangenen Jahr bereits mit dem Fahrrad über den Oder-Neiße-Radweg an die Ostsee gefahren sind, hatte ich vorerst die besten Voraussetzungen ohne große Fehlfahrten voranzukommen - dachte ich zumindest. Doch bereits am Drewitzer Flugplatz bog ich einmal falsch ab und nahm darauf hin etwa drei Kilometer Waldweg in Kauf. Bis auf, dass mir bereits am ersten Tag der Getränkehalter kaputt gegangen ist, verlief der Tag recht entspannt. Okay..,. der Hintern hat gebrannt wie die Hölle, aber ich setzte darauf, dass es die nächsten Tage einfach besser wird.

Das ist mein Hobel samt Gepäck - Diamant 247.


Tag 2/35 - von Frankfurt/Oder nach Schwedt/Oder (124,1 km)

Den zweiten Tag startete ich bereits sehr früh am Morgen, sodass ich eine beachtliche Strecke zurücklegen konnte. Zu allem Übel lief die Tour nach Schwedt jedoch genauso ab, wie im Jahr zuvor mit Marie. Erst zog sich die Strecke wie ein Kaugummi, dann begann es zu regnen und am Ende verbrachte ich zwei Stunden damit, eine Unterkunft zu finden. Letztendlich checkte ich dann für 36€ im Altstadtquartier ein, bekam dafür jedoch nicht einmal ein Frühstück.

Zum Mittag gab es Spiegelei mit Bratkartoffeln und einem leckerem Salat.


Tag 3/35 - von Schwedt/Oder nach Nowogard in Polen (118,6 km)

Pünktlich halb Acht und etwas müde vom Vorabend (Viertelfinale Deutschland gegen Italien) machte ich mich auf den Weg - fuhr weiter nördlich und überquerte bei Mescherin die Grenze von Deutschland zu Polen. Als ich die Deutsch-Polnische Grenze überschritt, wurde mir ein wenig mulmig. Mir wurde auf einmal bewusst, dass ich nun komplett auf mich allein gestellt bin. Ich kann deren Sprache nicht und ich kann mich auch nicht darauf verlassen, dass die Menschen in Polen mich verstehen. Die ersten Meter in Polen fuhr ich durch ein paar Dörfer mit extrem schlechten Straßen. Da dies kein wirklich gutes Vorankommen war, beschloss ich, lieber die gut ausgebauten Fernstraßen zu nutzen, auch wenn dort mehr Verkehr herrscht. Jedoch stellte ich fest, dass die meisten Verkehrsteilnehmer in Polen viel rücksichtsvoller sind als in Deutschland und ich somit gut und unbeschadet fahren konnte (Ausnahme: in einem der ersten Dörfer kam ein Jugendlicher mit seinem tiefergelegten Wagen um eine nicht einsehbare 90°-Kurve gedriftet). 

In Stettin besorgte ich mir als erstes eine lokale SIM-Karte und nahm daraufhin Kontakt zu Katarzyna aus Nowogard auf. Zwei Tage zuvor hatte ich über die Webanwendung "Couchsurfing" die Zusage von Ihr erhalten, bei ihr und ihrer Familie nächtigen zu können. Wir verabredeten uns in Goleniów, einem Ort 25km vor Nowogard. Es ist schon etwas komisch, jemand wildfremdes zu treffen, zu vertrauen und zu begleiten. Nach ein wenig Smalltalk stiegen wir auch schon auf unsere Räder und radelten los. Ja, wohin denn überhaupt? Da Katarzyna mit dem Heimweg nicht zu 100% vertraut war, wurden aus 25km Landstraße eine 33km Strecke über Stock und Stein. Wir fuhren durch kleine Dörfer, durch den Wald, über Felder und am Ende auf einer Schnellstraße, was nicht erlaubt war. Nach etwa drei Stunden erreichten wir dann jedoch das Zuhause ihrer Familie. Ich glaube, ihr Vater und ihre Mutter haben sich bereits ein wenig Sorgen gemacht. Immerhin traf sie sich ebenfalls mit jemand wildfremdes - mit mir! 

Ihre Familie hieß mich herzlich willkommen und nach einer heißen Dusche gab es auch direkt Abendbrot. Katarzynas Vater ist Englischlehrer und daher war die Sprachbarriere nicht all zu so groß. Bei ihrer Mutti und ihrer Oma sah das schon anders aus. Ich verstand sie nicht und sie mich nicht, doch wir machten das Beste daraus und verständigten uns mit Händen und Füßen. Wir unterhielten uns viel, ich sprach von meinen Reiseplänen und erfuhr im Anschluss so einiges über das Leben der Familie. Nach dem Abendbrot zeigte mir Katarzyna zuerst noch ein wenig die Stadt und danach schauten wir alle gemeinsam das EM-Spiel Frankreich gegen Island. Am Morgen darauf gab es ein reichhaltiges Frühstück und Katarzynas Mutti packte mir so einiges an Essen für meine bevorstehende Tour nach Kolberg ein (Kuchen, Brot usw.). So sind sie, stets besorgt, dass es einem gut geht! Nach einem kleinem Abschiedsselfie mit der Familie musste Katarzyna auch los zu ihrer bevorstehenden Fahrprüfung in Stettin und somit startete auch ich in den Tag 4 meiner Radreise.

Bei dieser netten Familie habe ich übernachtet - Katarzyna ist ganz links im Bild.


Tag 4/35 - von Nowogard nach Kolberg (107,6 km)

Solche Schmerzen, wie an diesem Tag, hatte ich bisher noch nie in den Beinen. Bereits ab Kilometer 0 zwickten meine Waden sowie Oberschenkel und zu alledem machte sich meine Achillessehne bemerkbar. Bei Kilometer 20 machte ich die erste von vielen Pausen an diesem Tag, rief Marie an und beklagte mich über meine Wehwehchen. Marie machte mir Mut und ich fuhr weiter in Richtung polnische Ostsee. Meine Beine waren nur noch Wackelpudding und meine Motivation hielt sich in Grenzen. Zu alledem vertraute ich wieder einmal Googlemaps und nahm daraufhin eine 3km Abkürzung durch den Wald mit lockerem und weichem Sand als Untergrund, was sich nicht gerade als optimal herausstellte. Die Wetterbedingungen waren an diesem Tag einwandfrei, Rückenwind und Sonnenschein. Mir jedoch fiel jeder Tritt in die Pedale schwer und somit quälte ich mich von Kilometer zu Kilometer. Um etwa 16 Uhr erreichte ich dann endlich Kolberg und genoss zu allererst das Feeling am Hafen sowie am Leuchtturm, um dann festzustellen, dass ich noch gar keine Unterkunft für diese Nacht gebucht hatte. In aller Panik fuhr ich recht planlos durch die Stadt, hielt an einer Touri-Info und besorgte mir ein paar Adressen von Pensionen. Jedoch kam ich damit nicht wirklich weiter, entweder traf ich niemand an oder ich konnte mich am Telefon nicht verständigen. Ich fuhr weiter und weiter, bis ich nervlich und körperlich nicht mehr wollte und konnte und mich somit dazu entschied, einfach in ein Hotel zu gehen. Was soll denn schon ein Hotel an der polnischen Ostsee kosten? Es kostete genau 108€ excl. Kurtaxe für zwei Nächte. Na prima, es war bereits 20:30 Uhr, ich war schlecht drauf und kam in einem überteuertem Renterhotel unter. Ohne ein richtiges Abendbrot legte ich mich ins Bett und bewegte mich keinen Meter mehr.

So sah die angesprochene Abkürzung dann aus. Mehr als 10 km/h war nicht drin.

Das erste Ziel endlich erreicht - Etappe 1/6 geschafft.


Tag 5/35 - ein Tag Erholung an der polnischen Ostsee

So müde und kaputt wie an diesem Morgen, war ich lang nicht mehr. Ich steuerte zum Frühstücksbuffet und aß mich satt, um danach wieder ins Zimmer zu gehen und die Übernachtungen für die nächsten Tage zu buchen. So etwas wie in Kolberg muss ich nicht noch einmal haben. Zu meiner Freude kamen Katarzyna und ihr Freund Dominig mit dem Zug um 13 Uhr nach Kolberg und wir verbrachten den Nachmittag zusammen. Erst aßen wir ein Eis, dann saßen wir mit einem Stück Pizza in der Hand auf ihrer Hängematte im Park, danach half mir Katarzyna mit der polnischen SIM-Karte für mein Handy und im Anschluss schlenderten wir nochmals über die Strandpromenade. Da die beiden mit dem Rad angereist waren, wollten sie dies auch nutzen und nicht umsonst mitgeführt haben. Ich musste sie leider enttäuschen und entschied ich mich, sie nicht auf ihrer Radtour am Nachmittag zu begleiten, da ich mich einfach ausruhen wollte um für die nächsten Tage fit zu sein. Somit verabschiedeten wir uns um etwa halb sechs abends. Ich hoffe, dass Katarzyna und Dominig meiner Einladung nach Cottbus folgen und uns mal besuchen.

Wenn Katarzyna und Dominig selbst auf Radtour sind, schlafen sie zu zweit in einer Hängematte - für mich wäre das glaub ich nix.

Ganze 460 km habe ich somit von Dissen nach Kolberg weggeradelt. Weitere Details findet ihr auf meiner Runtastic-Seite.

Bis bald, ihr hört von mir - auf nach Gdańsk!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen