Sonntag, 24. Juli 2016

Kräftiges in die Pedale treten wird belohnt oder?

Ort: Великие Луки, Псковская обл., Россия
Etappe 5/6: Riga - Jēkabpils - Rēzekne - Себеж/Sebezh - Великие Луки/Velikiye Luki

Tag 20/35 - von Riga nach Jēkabpils (139 km)

Da an diesem Tag eine etwas längere Tour auf dem Speiseplan stand, schwung ich mich bereits um halb Acht auf den Sattel. Das Wetter war bombig, Sonnenschein und Windstille, dazu noch die ersten 10 Kilometer ein schöner Radweg entlang des Daugava Flusses. Danach hieß es ab auf die Fernstraße A6, wie so oft mit einem knappen halben Meter Seitenstreifen, bis nach Kegums. 

Dort überquerte ich den Fluss und nahm ab dort eine nicht so befahrene Landstraße, die gleichzeitig als Radweg ausgeschrieben war. Angekommen in Jēkabpils, suchte ich als erstes die Touri-Info auf und fragte nach günstigen Unterkünften in der Umgebung. Ich glaube, dass sie dort so viel am Tag nicht zu tun haben, denn es haben sich gleich zwei Damen mit mir beschäftigt und mir helfen wollen. Die eine rief gleich ein paar Hotels/Unterkünfte an und die andere zeigte mir noch ein paar Radfahrkarten für Lettland. Schlussendlich bin ich dann für 9€ die Nacht in einer Unterkunft am Sportplatz untergekommen. Beim besten Willen, mehr als 9€ darf man dafür auch nicht ausgeben, es sei denn man ist Starkraucher und will sich eine Packung Zigaretten am Abend ersparen!

Bereits in Lettland findet man viele orthodoxe Kirchen.

Diese kleine Räucherbude nannte ich dann für eine Nacht mein Eigen - jedoch hielt man es dort drinnen nicht aus sobald die Fenster zu waren.


Tag 21/35 - von Jēkabpils nach Rēzekne (111 km)

Der Tag fing schonmal mies an - es regnete! Daher kam ich erst um viertel Neun am Morgen los. Unbeirrt und vollen Mutes tritt ich in die Pedalen, doch irgendwie war an diesem Tag aufgrund des Gegenwindes ein Vorankommen nur schwer möglich. Ich pausierte bis zum Mittag einige Male bis ich bei Kilometer 65 letztendlich erstmal einen längeren Stop einlegte. Darauf hin fuhr es sich etwas besser, der Wind wurde schwächer und es fuhr sich einfacher. Gerade so in Rēzekne angekommen, begann es an zu regnen und ich stellte mich erstmal in einem Bauhäuschen unter. Da ein Ende des Regens vorerst nicht absehbar war, fuhr ich im Niesel weiter, rein in die Stadt. Ich besorgte mir als erstes ein paar Lebensmittel für den Abend sowie den darauffolgenden Tag und fuhr dann zur meiner Unterkunft, etwas außerhalb von Rēzekne. Zwar war diese mit 15€ etwas teurer, jedoch empfing mich dafür ein sehr nettes älteres Ehepaar und ich bekam ein sehr gepflegtes Zimmer. Gebucht hatte ich diese Unterkunft über booking.com. Achso, ich kam natürlich nass in der Unterkunft an, eine Stunde später schien die Sonne als wäre nichts gewesen!

Ich hab Zeit - ich kann warten bis der Regen vorbei ist.


Tag 22/35 - von Rēzekne nach Себеж/Sebezh (94 km)

Für diesen Tag war eigentlich eine Strecke von lediglich 59km geplant (bis Zilupe in Lettland). Jedoch entschied ich mich am Tag zuvor etwa 30km mehr zu fahren, die Grenze zu überschreiten und eine Unterkunft in Себеж/Sebezh aufzusuchen. Dazu rief ich am Vortag das Hotel in Sebezh an und wollte ein Zimmer reservieren. Jedoch war dies aufgrund meines schlechten Russisch nicht möglich und somit bat ich Nataly (eine junge Frau aus Moskau, welche ich in Kaliningrad im Hostel kennengelernt hatte), in dem Hotel anzurufen und für mich ein Zimmer zu reservieren. Zurück zum Fahrradfahren. In Zilupe angekommen machte ich erstmal eine ausgiebige Mittagspause, da ich sehr gut in der Zeit lag und nur noch 30 km vor  mir hatte. Als ich an die Grenze "Terehova" kam wurde mir kurz etwas schlecht. Bereits auf der lettischen Seite bildete sich eine riesige Warteschlange und ich ganz hinten. Na toll! Was ich jedoch nicht wusste ist, dass man als Fahrradfahrer zu den Fußgängern zählt und sich somit nicht anstellen muss und einfach vorbei an alles Autos fahren kann. Dies wollten mir dort mehrere Russen begreiflich machen, jedoch war ich etwas verunsichert. Schlussendlich mogelte ich mich so an einigen Autos vorbei und konnte die erste Schranke schnell passieren. Bei der zweiten wartete ich wieder bis mir ein Mann aus Litauen den Sachverhalt nochmals auf Englisch erklärte und meinte, dass ich nicht meine Zeit verschwenden und einfach vor gehen soll. Nach einem netten Gespräch mit ihm fuhr ich dann zusammen mit einem Schweizer Radfahrer, welcher zufällig ebenfalls die Grenze passieren wollte, zu den nächsten Kontrollen. Wir kamen schneller als alle anderen voran, jedoch warteten wir aufgrund technischer Probleme auf russischer Seite nochmals.

So sieht es im allgemeinen übrigens in Lettland aus. Grün, grün, grün - wo das Auge nur hinblickt. In Lettland gibt es übrigens zahlreiche Weißstörche, bloß dort interessiert das keinen Menschen!

Da der Schweizer ebenfalls an diesem Tag nach Sebezh wollte, fuhren wir die letzten 25 km gemeinsam. Er fuhr stets etwas weiter vorn, da seine Oberschenkel doppelt so breit waren und er ein Rennrad hatte (ja ich weiß, im Ausreden suchen bin ich gut). Da konnte ich nicht immer mithalten. In Sebezh angekommen, stellte ich mich kurz auf russisch bei dem Hotel vor und die Dame am Empfang wusste sofort Bescheid. Die Reservierung hat also funktioniert - Vielen Dank Nataly! Für 550 RUB (8€) bekam ich dann ein Einzelzimmer mit Gemeinschaftsbad. Ich glaube viel günstiger geht es kaum. Am Abend ging ich noch in einem Restaurant essen. Die Bestellung des Essens erwies sich aufgrund der russischen Speisekarte etwas schwierig und somit nutzte ich mein Smartphone mit welchem ich Dank der  Google-Translator-App alles schnell übersetzen konnte. Die App ist echt klasse, man muss nur in der App die Kamera aktivieren, dann hält man diese auf das Geschrieben in der anderen Sprache und prompt wird es live im Display übersetzt. Somit bestellte ich mir dann für etwa 6,80€ einen griechischen Salat, ein Zanderfilet und eine Portion Pommes sowie eine Cola. Hört sich viel an, war es aber nicht. Die Portionen wurden klein gehalten - trotzdem hat es sehr gut geschmeckt. Eine erste nicht so schöne Begegnung machte ich jedoch in diesem Restaurant mit einem dickem, älteren, großen und betrunken russischen Mann. Er wollte mich in ein Gespräch verwickeln, redete andauernd von Vodka und wurde etwas aufdringlich. Ich sagte nur: "я не понимаю русский", was soviel heißt wie: "ich verstehe kein Russisch". Jedoch ließ er nicht wirklich locker. Zwei Frauen vom Nachbartisch sahen dies und redeten auf den Mann ein, er solle mich in Ruhe lassen. Anscheinend kannten sie sich und der Mann setzte sich daraufhin um. Die beiden russischen Frauen waren also sehr umsichtig und ich war ihnen dafür sehr dankbar. Ich denke, dass man lediglich von den betrunkenen Abstand halten sollte... eigentlich wie zu Hause!

Dies ist die Aussicht direkt hinter meinem Hotel in Sebezh gewesen, der direkte Blick auf den Себежское озеро (Sebeschskoje-See).

Dreh- und Angelpunkt von Себеж, der überdimensionierte Kreisverkehr!


Tag 23/35 - von Себеж/Sebezh nach Великие Луки/Velikiye Luki (138 km)

Am Tag zuvor hatte ich bereits 30km über meinem Soll erfüllt und somit entschied ich mich auch an diesem Tag noch einmal eine Schippe drauf zu legen um einen ganzen Tag herzuauszufahren. Anstatt in das 60 km entfernte Пустошка/Pustoshka zu fahren, nahm ich mir als Ziel vor bis nach Великие Луки/Velikiye Luki zu kommen. Gesagt - getan! Die ersten 40 km fuhr ich auf einer Nebenstraße von Sebezh bis zur Kreuzung der M-9 (meiner Fernstraße für die nächsten 550 km). Es nieselte die ganze Zeit, ich kam nur schleppend voran und es ging bergauf und bergab. Zudem war die Straße nicht immer so ideal. Ich quälte mich anschließen Kilometer für Kilometer auf der M-9, bis ich bei Kilometer 85 an einer Tankstelle meine wohlverdiente Mittagspause einlegte.

Der 40km lange Weg von Sebezh bis zur M9 war vom Wetter und den Straßenverhältnissen nicht optimal - ich kam nur mühselig voran.

Die letzten ~50km waren nicht unbedingt leichter, jedoch kam ich besser voran, war motiviert und erreichte dann an der M-9 ein Motel, welches ich mir im vorhinein herausgesucht hatte. Jedoch wollte das Motel für eine Nacht 2.200 RUB (31 €) haben. Für mich als Sparfuchs war das natürlich nix und somit fuhr ich nach kurzer Recherche etwa 7 km weiter nach Velikiye Luki. Da ich den kürzesten Weg zu dieser Unterkunft wählte, fuhr ich über richtig miese Feldwege mit großen Wasserlöchern. Ich und mein Fahrrad sahen nun aus wie Sau! Halb so wild, denn nach dem mir die sehr hilfsbereite Hotelangestellte für 600 RUB die Nacht ein Zimmer gab, habe ich wenigstens 3.000 RUB (42 €) bei zwei Nächten gespart. Ich verständigte mich mit der Hotelangestellten wieder über mein Smartphone mit der Google-Translator-App. Sie schrieb etwas auf russisch, ich antwortete darauf. Es hat ein Weilchen gedauert, aber letzen Endes hat alles geklappt.

Diese Landschaft sieht man von der M9 aus. Wälder, Wiesen und Sumpflandschaften. 


Tag 24/35 - Regenerationstag in Великие Луки/Velikiye Luki

Ausschlafen! So kaputt wie ich war, stellte ich den Wecker aus und schlief bis um Acht! Man ist das lang... :-D. Da ich nun einen Tag voraus bin, kann ich mir für die restlichen ~470 km ein Tag mehr einplanen und somit geschmeidig dahingleiten - das hoffe ich zumindestens! Optimal wären also sechs Radfahrtage mit je 60-100 km. Wichtig ist nur, dass jeweils nach dieser Distanz eine Schlafmöglichkeit auffindbar ist. An meinem Erholungstag habe ich dennoch etwas getan - nämlich mein Fahrrad geputzt. Diesen gefallen musste ich meinem Hobel auch tun, nachdem ich ihn gestern durch Schlamm und Pfützen quer übers Feld gejagt hatte. Weiterhin probier ich für die verbleibenden Nächte bereits Unterkünfte ausfindig zu machen, welche nicht zu weit von der M-9 entfernt und preismäßig auch noch akzeptabel sind. Ich hoffe, dass ich die verbleibenden Kilometer und Tage bis nach Moskau noch unbeschadet ohne große Probleme überstehe.

Die heißen Flitzer in den Straßen von Velikiye Luki.

In diesen Plattenbauten Leben immer noch viele Menschen, auch wenn es hin und wieder viele kleine schöne Einfamilienhäuser gibt.

Nochmal ein kleiner Eindruck vom Stadtteil, welchen ich kennengelernt hatte. Mit Sicherheit sieht es so nicht überall in Velikiye Luki aus.

До свидания - ich melde mich wieder aus Москва!

1 Kommentar:

  1. Es macht - wie immer - große Freude, Deinen Reisebericht zu lesen. Schade, dass es nur noch einen geben soll. Dafür musst Du uns dann bald Deine Eindrücke und Erlebnisse in Liveberichten schildern.
    Die restlichen paar Meter bis Moskau schaffst Du mit LINKS, davon hast Du mich überzeugt.
    Trotzdem: für die verbleibende Strecke wünsche ich Dir viel Rückenwind .....

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